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Bericht Sanierung Wohnung Weissensteiner

Ausgangslage: Der Bewohner ist erkrankt, die Wohnung erweist sich als übermäßig feucht.

 

 

Messergebnisse Mai 2002:


 

 

 

 

Anmerkungen:

Messgerät A= Gann mit Kugelfühler, Skalierung Kalk/Zement: 35-45=trocken, 90-150=naß

Messgerät B= Greisinger GHH mit Einstech-Elektroden; Kalk&Zementmörtel: 8-20=trocken, 36-85=naß; Holz: %m, ab 18% zu feucht

Messgerät C=Greisinger Feuchteindikator GMI15; Beton/Estrich: 0-5=trocken, 6-9=feucht, ab 10=naß; Holz: 0-6=trocken, 6-11 feucht, ab 11=naß

 

Außenklima: 25,2°C, 60,4% rel.Feuchte

Aufbauten in den Räumen:

1 Boden: Terrazzofliesen, Wand verkleidet mit Holz bis ca. 1m, danach Putz, Fenster offen

2 Boden: Beton+Asfalt, Wand Kalkzementputz, Fenster geschlossen

3 Boden: Lärche, Wand Kalkzementputz, Fenster offen

4 Boden: Beton, Wand Kalkzementputz, Fenster geschlossen

5 Boden: Terrazzofliesen, Wand Kalkzementputz, Fenster einen Spalt geöffnet

6 Boden: Terrazzofliesen, Wand Kalkzementputz, Tür

überall: Putz bröckelt bis zu einer Höhe von 25-30 cm ab

 

Es wird folgender Sanierungsvorschlag gemacht:

1. Verhindern des Eintritts von Feuchte aus dem Boden

2. Bautechnische Begünstigung der Austrocknung

  1. Besseres Weglüften der Luftfeuchtigkeit

 

Zu 1.: Es stellt sich die Frage, ob das Bauwerk besser austrocknet, wenn der Boden zum Erdreich diffusionsoffen ist oder wenn der Feuchtedurchgang abgesperrt ist. Da aus statischen und finanziellen Gründen das tragenden Mauerwerk nach unten nicht isoliert werden kann, bleibt immer eine gewisse Feuchtedifffusion vom Boden in das Mauerwerk und in die Räume.

Verschiedene Vertreter von Firmen, welche mit Feuchtesanierugen zu tun haben, beantworten diese Frage gegensätzlich.

Da mir mehrdimensionale Feuchtesimulationen (siehe WUFI und DELPHIN) damals nicht zur Verfügung standen, habe ich mir ein Modell aus Calciumsilikatplatten gebaut.

 

Ein Modell hat über der dichten Wanne einen dichten Abschluss, die andere ist nach oben hin offen. Die Frage war: verdunstet bei der dichten Wanne mehr Wasser über die aufsteigende Wand oder nicht?

Dazu habe ich einmal die Wanne mit Wasser befüllt und dann die Gewichtsabnahme gemessen. Weiters habe ich regelmäßig die Höhe des Feuchtezustandes an der Wand (am Modell) gemessen.

 

 


Die offene Wanne verdunstet das Wasser viel schneller als die geschlossene, der Feuchtepegel an der Wand mit der geschlossenen Wanne ist nur geringfügig höher als der an der offenen Wanne.

Damit habe ich mich für die Einbringung einer Feuchtiggkeitssperre im Boden entschieden.

 

Zu 2.: Um die Außenmauer trocken zu legen, ist eine warme innere Oberfläche und ein diffusionsoffener Aufbau notwendig. Deshalb wurde im oberirdischen Teil der Aussenfassade eine 10cm starke diffusionsoffene Wärmedämmung angebracht (System Dennert), im Spritzwasserbereich eine 10 cm starke diffusionsdichte Wärmedämmung (XPS) und im unterirdischen Teil der Aussenfassade eine 30-45 cm starke diffusionsoffene und feuchteresistente Wärmedämmung. Als Material hat sich hier Glasschotter angeboten (lamda= 0,075), welche von der Firma Tecnopor zu einem symbolischen Preis geliefert wurde. Das Einbringen von wärmedämmenden Platten im unterirdischen Bereich wäre aufgrund der Unebenheiten nicht möglich gewesen. Das Einbringen des Glasschotters war eine neue und sehr positive Erfahrung.

Im Sockelbereich an der Innenseite der Außenwand wird die Zuleitung der Heizkörper in der Wand verlegt, um über eine Temperierung der Wand auch die Wärmebrücken in den Griff zu bekommen. Hier müssen alle Materialien diffusionsoffen sein, auch der Anstrich.

Die Maurerarbeiten wurden von Richard Innerhofer durchgeführt, welcher diese Art der Sanierung gut verstanden und gut ausgeführt hat.

 

Zu 3.: Besonders im Winter ist es leicht möglich, über das Lüften Feuchtigkeit abzustransportieren. Wenn es den Bewohnern aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, ausreichend zu lüften (alle 3 Stunden für 3-8 min), dann ist eine kontrollierte Lüftung angebracht. Hier wird diese in einem zweiten Moment eingebaut.

 

Nachfolgend ein paar Bilder aus der Sanierung:

 

Das Haus ist ca. 60 cm unter der Erdoberfläche direkt auf den lehmigen Boden gestellt worden

 

Der Putz in den untersten 60 cm ist faul geworden

Der Zementestrich wurde direkt auf den Erdboden gegossen

 Die Innenwände wurden, soweit statisch möglich, untergraben

Aussen wurde bis auf Fundamentunterkante ein Graben gehoben, ein Drainagerohr eingebracht und das Regenwasser korrekt abgeleitet

Auch innen wird ein Drainagerohr eingebracht, welches mit dem äußeren verbunden wird

Außen wird der Glasschotter ein eine Wanne aus Vlies eingebracht

Auch innen wird Glasschotter eingebracht

An der Innenseite der Außenmauer wird für die Verlegung der Heizungszuleitung eingeschlitzt, um den Fußpunkt der Mauer warm und damit trocken zu halten

Außen wird die Dämmung im Sockelbereich (XPS) und im oberirdischen Teil der Fassade (Mineralschaumplatten System Dennert) angebracht

Auch der Nachbar entschließt sich, seine im oberen Stock gelegenen Fassaden außen mit 10 cm zu dämmen; da die obere Wohnung nicht so feuchtebelastet ist, ist dieses Material in dieser Stärke zumindest aus technischer Hinsicht akzeptabel. Im unteren Stock sprechen nicht nur ökologische Überlegungen gegen XPS, sondern eben auch technische.

Über dem Glasschotter wird die Feuchtesperre und die Wärmedämmung eingebaut, letzere aus Polystyrol. Ich hätte aus ökologischen Gründen Perlite bevorzugt, habe jedoch aus finanzellen Gründen das Zugeständnis machen müssen. Rein technisch ist das Material an dieser Stelle in Ordnung, da darunter sowieso die diffusionsdichte Feuchtesperre aus Polyolefinen liegt

 

Darüber kommt noch der schwimmende Estrich mit Trittschall dämmenden Randstreifen und darauf dann der Bodenbelag (Holz, Fliesen)

 

Im Badezimmer wird im Estrich eine Bodenheizung eingelegt

 

Im Sockelbereich innen wird reine Kalkfarbe für den Anstrich verwendet, um über eine gute Diffusionsffähigkeit eine dauernde Austrocknung zu ermöglichen

 

Auch im Außenbereich muss die ständige Austrocknung gewährleistet sein, deshalb bleibt in der Randzone um das Haus Schotter als Oberfläche

 

Schliesslich ist die Sanierung abgeschlossen, es läßt sich wieder in der Wohnung leben

 

 

 

 

Sicherlich, eine Restmenge an Feuchtigkeit diffundiert immer noch über die mit dem Erdreich verbundenen Wände in die Innenluft. Von dort muss sie konsequent weg gelüftet werden. Die Alternative zu dieser Sanierung wäre ein Abbruch und Neubau gewesen. Die Sanierung war aber doch wesentlich billiger.

Aufgrund der vorher extrem ungesunden Wohnverhältnisse wurde auch der Bauherr zum Sanierungsfall, weshalb auch die Vinzenzkonferenz und sämtliche Beteiligte helfend einsprangen (siehe auch Eckdaten am Ende des Berichts). Jetzt, nach der Sanierung, geht es auch dem Bauherrn gesundheitlich entscheidend besser.

 

Nachfolgend noch ein paar Bilder des fertig sanierten Hauses

 
 

Ergebnisse der Nachmessungen:

Es erfolgten bisher zwei Nachmessungen, eine im Oktober 2005, die andere im Jänner 2006. Gemessen wurden die Materialfeuchte an verschiedenen Höhen in den gekennzeichneten Punkten.

Position der Messpunkte, siehe oben

Die Messung im Oktober 2005 zeigt, dass sowohl die Raumluft als auch einige Stellen an der Wand zu feucht waren:


 

 

Der Schimmel im Badezimmer wurde durch einen Rohrbruch verursacht, der dann behoben wurde. Die betroffene Stelle ist dann auch gut getrocknet.

Die Messung im Jänner 2006 zeigt, dass sowohl die Raumluft als auch Wände gut getrocknet sind, nachdem die Heizung im November in Betrieb genommen wurde:

Messergebnis Jan2006
 

Als Ergebnis kann ich folgendes feststellen:

- Es gibt eine Zufuhr von Feuchte über die Wände, die jedoch so gering ist, dass sie über eine "normale" Lüftung in den kalten Monaten abgeführt werden kann. Unzureichende Lüftung muss allerdings vermieden werden, und die Räume müssen ausreichend geheizt werden. Im Oktober war die Heizung noch nicht in Betrieb, und es wurde auch nicht effizient gelüftet. Das reale Feuchteverhalten entspricht jenem des Feuchtemodells. Die langfristige Speicherung der Feuchte in den Materialien kann auch jene Perioden ausgleichen, in denen von außen mehr Feuchte hereinkommt als hinaus gehen kann.

- Die Oberflächentemperaturen sind überall so hoch, dass keine Schimmelgefahr besteht. Die Durchführung der Heiz-Zuleitungen über die kritischen Stellen hat sich bewährt.

- Die Feuchtigkeit in der Raumluft ist ausreichend niedrig, sodass das Raumklima wieder gesundheitlich in Ordnung ist, die Sanierung war damit erfolgreich.

 


zusammenfassende Darstellung der Materialfeuchte an den Wänden: An allen Punkten, wo im Oktober noch erhöhte Feuchtigkeit festgestellt wurde, ist diese aufgrund der Lüftung in den normalen Bereich abgesunken. Sämtliche Materialien stehen im Gleichgewicht mit der Feuchtigkeit in der Raumluft, wobei sorptionsfähige Materialien, wie sie hier in der Sanierung eingesetzt wurden, die Feuchtigkeit gut speichern und damit ausgleichen können.

Langzeitmessung Temperatur/ relative Feuchte Januar 2006 im Wohnzimmer:
Langzeitmessung Jan2006 SchlafZi

Langzeitmessung Temperatur/ relative Feuchte Januar 2006 im Schlafzimmer:
Langzeitmessung Jan2005 WoZi

 

aus dem Diagramm ist ablesbar, dass der Bewohner ein Mal pro Tag lüftet, nämlich als Temperatur und Feuchtigkeit gleichzeitig absinken. Empfehlenswert ist es, mindestens 3-4 Mal am Tag zu lüften. Sollte dies der Bewohner nicht schaffen, kann eine kontrollierte (=automatische) Lüftung mit Wärmerückgewinnung sinnvoll sein.

 

Eckdaten der Sanierung:

Bauherr: Weissensteiner Josef, Siebeneich

Projekt, Bauphysik und Bauleitung: Arch. Dr. Bernhard Oberrauch

Finanzierungshilfen und Verträge: Vinzenzkonferenz, Geom. Fabbricotti Andy und Georg Oberrauch

Maurerarbeiten: Innerhofer Richard, Jenesien (20 % Beitrag)

Hydrauliker: Fa. Hydroklima, Bozen (25 % Beitrag)

Elektroarbeiten: ELEKTRO GOSTNER (nur das Material wurde verrechnet)

Maler: Fa. Stocker (Material geschenkt)

Spengler arbeiten: Fa. Arte Dach Meran (25 % Beitrag)

Zimmermann: EGGER HELGA

Fliesenleger: Reinisch Bozen (1/2 Preis)

Warme Böden : Fa Mayrgündter (geschenkt)

Sanierungskosten: ca. 45.000 Euro

Fertigstellung: Juni 2005

 

 

Bozen, 6. Februar 2006 Arch. Dr. Bernhard Oberrauch